Direct Trade and Transparency

Direkter Handel und Transparenz

Seit wir unseren ersten Rohkaffee gekauft haben, hat sich viel verändert. Dennoch folgen wir noch immer den gleichen Werten und Grundsätzen, die wir damals definiert haben. Wie kaufen wir Kaffee ein und was ist uns dabei besonders wichtig?

Früher haben wir unseren Kaffee von verschiedenen Produzierenden und Händler*innen bezogen. Heute beziehen wir den Grossteil unseres Kaffees mithilfe einiger weniger Partner*innen, die sich für uns als ideal erwiesen haben, um einen fairen, nachhaltigen und transparenten Handel zu gewährleisten.

DIREKTER HANDEL

Was genau ist «direkter Handel»? Der Begriff wird im Zusammenhang mit dem Kaffeehandel sehr häufig verwendet. Er wird oft in guter Absicht verwendet, stiftet aber viel Verwirrung. Der Begriff will den Konsument*innen vor allem Folgendes sagen: Wenn Kaffee direkt bei den Produzierenden gekauft wird, sind alle Zwischenhändler*innen überflüssig. Da es keine Zwischenhändler*innen gibt, erhalten diese kein Geld und die Produzierenden sollten stattdessen dieses Geld erhalten und im Idealfall sogar einen anständigen Lohn haben.

In der Realität wird der Begriff jedoch nicht nur verwendet, wenn Kaffee direkt von den Produzierenden für eine Rösterei verkauft und transportiert wird, sondern häufig auch dann, wenn mehrere andere Unternehmen wie Kooperativen, Exporteur*innen, Importeur*innen, Händler*innen oder andere am Einkauf beteiligt sind. Diese Zwischenhändler*innen müssen nicht unbedingt schlecht sein und es kann oft sinnvoller sein, mit ihnen zusammenzuarbeiten, als wirklich alles selbst zu machen. Allerdings ist der Begriff Direkthandel/Direct Trade in diesen Fällen eher irreführend. Er ist weder geschützt noch richtig definiert. Daher kann er von Röstereien nach Belieben verwendet werden und wird offensichtlich auch missbraucht, um den Umsatz zu steigern.

Wir haben uns von der Verwendung des Begriffs für unsere Kaffees verabschiedet. Ein komplett direkter Handel ohne Beteiligung weiterer Parteien macht für uns in der Regel keinen Sinn.

EINE ALTERNATIVE

Der Einkauf von Rohkaffee ist relativ kompliziert. Der Kaffee muss teilweise um die halbe Welt transportiert werden, um in unserem Fall in die Schweiz zu gelangen. Die meisten Kaffeeröstereien und Kaffeeproduzierenden sind keine Expert*innen für internationalen Seetransport, Exporte aus verschiedenen Ländern oder Zollbestimmungen. Sicher, wir haben mittlerweile viel darüber gelernt, aber diese Dinge sind nicht unsere Aufgabe. Daher ist es sinnvoll, dass dieser Teil der Lieferkette von Expert*innen übernommen wird, die täglich in diesem Bereich arbeiten und alles darüber wissen.

Obwohl wir beim Kaffeeeinkauf keine lange Kette unnötiger Zwischenhändler*innen akzeptieren, betreiben wir keinen komplett direkten Handel. Stattdessen wollen wir über jeden Schritt des Handels alles wissen – auch darüber, wer unterwegs wie viel erhält. Das heisst, wir wissen genau, wie viel Geld den Produzierenden für ihren Kaffee gezahlt wird, auch wenn wir das Geld nicht direkt auf ihre Konten überweisen. Das beruht auf drei Säulen:

  • Vertrauen in die Unternehmen, die für uns Exporte und Transporte durchführen. Das sind eine Handvoll meist kleiner Unternehmen. Wir kennen die Leute und arbeiten langfristig mit ihnen zusammen.
  • Verträge mit diesen und anderen Unternehmen, die als Garantie für das Vertrauen angesehen werden können.
  • Direkter Kontakt zu allen Produzierenden. Wir bleiben über Whatsapp, E-Mail, Zoom und Reisen in den Ursprungsort in Kontakt. Wir wollen Besuche im Ursprungsort nicht überbewerten und halten es nicht für notwendig, alle Produzierenden jährlich zu besuchen – auch wenn so viel Reisen verlockend klingt. Die Produzierenden können uns genau sagen, wie viel Geld sie für den Kaffee bekommen haben, den wir gekauft haben.

TRANSPARENZ

Anstatt den Begriff «direkter Handel» zu verwenden, legen wir Wert auf Transparenz. Ein weiteres beliebtes Wort, das immer häufiger in der Vermarktung eines fairen Handels gegenüber den Verbraucher*innen auftaucht. Was bedeutet das?

Transparenz wird nicht nur in der Kaffeelieferkette, sondern in der weltweiten Wirtschaft häufig gefordert. Unternehmen zögern, wertvolle und sensible Informationen, beispielsweise vor ihren Konkurrent*innen, preiszugeben. Wie wir mit sensiblen Informationen umgehen, ist eines der komplexesten Themen unserer Zeit. Generell sehen wir einen Trend zu mehr Transparenz. Das ist gut und wichtig. Unserer Meinung nach brauchen wir viel mehr Transparenz. Wir müssen die Dinge in dem Bereich sehen, wissen, hören und verstehen, in dem wir arbeiten. Ja, unter bestimmten Umständen ist es entscheidend, sensible Informationen zu behalten und zu schützen. In anderen Situationen ist es jedoch genauso wichtig, bestimmte Informationen Geschäftspartner*innen oder der Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Verbraucher*innen achten immer mehr darauf, was sie kaufen. Sie steuern den Markt und die Lieferketten bis zu einem gewissen Grad mit ihrem Kaufverhalten. Wenn jedoch eine Information – beispielsweise der Preis, den eine Kaffeefarm für ihren Kaffee erhält – für kein Produkt im Regal verfügbar ist, können Verbraucher*innen den Markt nicht zu Anpassungen zwingen. In diesem Fall müssen alle Beteiligten Verantwortung übernehmen. Es liegt nicht nur an den Konsument*innen, den nötigen Druck auf die Unternehmen auszuüben, «das Richtige» zu tun.

Nur wenn wir Transparenz fordern, können wir erkennen, wo die Probleme liegen. Natürlich ist es nicht möglich, jede erhaltene Information doppelt zu überprüfen, und selbst wenn alles vollkommen transparent ist, können Informationen immer noch falsch oder betrügerisch sein. Daher ist es entscheidend, neue Wege zu erkunden. Technologien wie Blockchain können dabei helfen, Produkte aufzuspüren und zu verfolgen, einheitliche Standards können geschaffen werden, das Gesetz könnte von Unternehmen mehr Transparenz und Compliance verlangen usw.

Als kleine Rösterei können wir versuchen, so viel wie möglich über den Kaffee zu erfahren, den wir kaufen, und offen mit unseren Kund*innen zu kommunizieren. Wenn wir Probleme feststellen, z. B. wenn jemand nicht genug bezahlt wird oder nicht so behandelt wird, wie er oder sie sollte, müssen wir mit den Produzierenden und/oder Importeur*innen darüber sprechen und gegebenenfalls die Handelsbeziehung beenden. Wir glauben, dass Transparenz in Lieferketten in den nächsten Jahren aufgrund der aktuellen wirtschaftlichen, politischen und ökologischen Situation ein noch grösseres Thema in der öffentlichen Diskussion sein wird.

ZUSAMMENFASSUNG

Der Handel mit Kaffee ist eine komplexe Angelegenheit. Wir haben ein Modell entwickelt, um Rohkaffee möglichst ideal einzukaufen und die Erfüllung unserer Anforderungen zu überwachen. Mehr zu unserem Rohkaffee-Einkaufsmodell könnt ihr hier lesen. Wir hoffen, dadurch in verschiedenen Bereichen Fortschritte zu erzielen. Durch die Veröffentlichung unserer Einkaufspreise möchten wir den Konsument*innen einen wertvollen Einblick bieten. Dies soll dazu beitragen, eine faire Bezahlung und Wertschätzung aller Beteiligten in der Kaffeelieferkette sicherzustellen.

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